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Aus einem zarten Pflänzchen ist eine starke Gemeinschaft geworden

Bundesverband Kinderrheuma e.V.: 25 Jahre Elternverein – ein Rückblick mit Claudia Fischedick und Gaby Steinigeweg

Am 30. Mai 1990 wurde der „Verein zur Förderung rheumatologisch erkrankter Kinder und deren Familien e.V.“ aus der Taufe gehoben. Der Anstoß erfolgte im Zusammenhang mit der im Oktober 1989 gegründeten Klinik für Kinder- und Jugendrheumatologie im St. Josef-Stift Sendenhorst. Aus dem Verein mit dem komplizierten Namen ist mittlerweile der deutschlandweit organisierte Bundesverband Kinderrheuma e.V. geworden, der seinen Sitz im St. Josef-Stift hat. Claudia Fischedick, die den Verein seit 1991 führte, übergab im Jahr 2009 den Staffelstab an Gaby Steinigeweg. Im BLICKPUNKT-Interview schauen beide zurück auf 25 bewegte Jahre.

Was gab den Anstoß für die Gründung des Elternvereins?
Claudia Fischedick: Der Anstoß kam von Dr. Ganser und Dr. Frosch. Wir Eltern hatten großen Wissensdurst über die Krankheit und die Prognose der Kinder für die Zukunft. Damit die Ärzte nicht jedem alles einzeln erzählen mussten, entstanden die ersten Elternabende, auf denen sie das Krankheitsbild und die Behandlungsmöglichkeiten erklärten. Es gab viel Aufklärungsbedarf auch über Medikamente wie Cortison und später MTX.
Gaby Steinigeweg: In der Anfangszeit gab es ja noch kein Internet und keine Broschüren als Informationsquelle. Rheuma galt als Alte-Leute-Krankheit. Es gab viele Vorurteile zum Beispiel in den Schulen, auch viel Nichtwissen, sogar bei Kinderärzten und Physiotherapeuten. Bei den Krankenkassen musste man um jedes Hilfsmittel kämpfen. Es fehlte an sozialrechtlichen Informationen über Schwerbehindertenausweise und andere Möglichkeiten

Wie ist es, wenn man für sein Kind die Diagnose Rheuma erhält?
Claudia Fischedick: Man hat einen Riesenberg von Sorgen und Problemen vor sich. Mit unserer Tochter Nicole sind wir ein Dreivierteljahr von Arzt zu Arzt getingelt. Als sie vier war, stand endlich die Diagnose fest. Es war ein Zufall und Glück, dass wir hier nach Sendenhorst kamen. Wir gehörten zu den allerersten Patienten im Gründungsmonat der Klinik für Kinderrheumatologie im Oktober 1989.
Gaby Steinigeweg: Mit der Diagnose Kinderrheuma bricht erst mal alles zusammen. Viele Eltern beschreiben es als riesengroße Traurigkeit und Schock, nur geht jeder anders damit um. Ich bin sofort in den Verein gegangen, um mich zu informieren und den Austauschmit anderen Betroffenen zu suchen. Das war für mich auch eine Form der Krankheitsbewältigung. Wir waren eine große Familie; dieses Gefühl hat uns getragen. Viele Kontakte von damals bestehen bis heute.

Wie begann die Arbeit des Vereins?
Claudia Fischedick: In den 1990er Jahren war die Behandlung oft noch mit häufigen wochenlangen Klinikaufenthalten verbunden. Ich war also viel vor Ort und habe aus meiner eigenen Erfahrung viel Wissen und Tipps an andere betroffene Eltern weitergegeben und beim Ausfüllen der Antragsformulare geholfen. Zu den Vorstandssitzungen kamen wir mit Mann und Maus nach Sendenhorst; während der Sitzung unternahm der Rest der Familien etwas in der Umgebung. Die Aufgaben wuchsen. Mitte der 1990er Jahre kam Arnold Illhardt als Psychologe dazu. 1998 wurde dann das Familienbüro eingerichtet, das seit 2004 hauptamtlich besetzt ist. Das war ein großer Schritt, in die Arbeitgeberrolle zu wechseln.

Wie sieht der Alltag der Vorsitzenden heute aus?
Gaby Steinigeweg: Die Vorstandsarbeit ist straff nach Terminplan durchorganisiert. Es gibt jährlich eine Klausurtagung, zwei bis drei Vorstandssitzungen und Gremiensitzungen für bestimmte Fragestellungen. Die Verwaltung, die Betreuung der Treffpunkte und die sozialrechtliche Beratung übernimmt das Familienbüro, mit dem ich täglich im engen Austausch stehe. Es läuft alles über meinen Tisch, die Entscheidungen trifft aber der Vorstand. Sehr aufwändig und bürokratisch ist die Betreuung der Projekte wie die Klinikclowns und die Kunst- und Musiktherapie. Das A und O ist, die Kontakte zu Stiftern und Unterstützern zu pflegen. Der Verband hat schließlich auch Verantwortung, die Stellen zu sichern. Ich widme täglich mehrere Stunden dem Elternverein, bin einmal in der Woche im Haus und 24 Stunden am Tag erreichbar.

Warum wurde 2008 aus dem Elternverein ein Bundesverband?
Claudia Fischedick: Die Mitglieder-Familien kommen aus ganz Deutschland. Mittlerweile sind es 400 Familien, die sich in 25 Treffpunkten organisieren bis nach Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. Als Bundesverband eröffneten sich zudem neue Fördermöglichkeiten für unsere Arbeit.

Was waren Highlights der Vereinsgeschichte?
Gaby Steinigeweg: 1996 sind wir gestartet mit Arnold Illhardts Stelle. Mit der Aktion Mensch konnten wir 2004 die Stelle von Katrin Wersing einrichten. Ab da war das Familienbüro kontinuierlich besetzt, heute noch verstärkt durch Christine Göring und Marion Illhardt. Die Benefizgala 2006 unter Schirmherrschaft von Karin und Wolfgang Clement war ein Höhepunkt; die Besuche von Deutschlands erstem Superstar Alexander Klaws und von Rosi Mittermeier. Wichtig war auch, die vielen Informationen zum Kinderrheuma zu bündeln. Es gibt mittlerweile sehr viele Publikationen für verschiedene Zielgruppen und den Film „Kinderrheuma – was’n das?“.

Eine feste Größe im Kalender ist das Familienwochenende in Freckenhorst. Warum?
Claudia Fischedick: Auch den Geschwisterkindern bleibt die Diagnose Kinderrheuma in den Kleidern hängen. Sie sitzen oft zwischen drei Stühlen. In der Familie ist kaum etwas planbar, weil die Rheumaschübe oft ad hoc kommen. Deshalb war es uns wichtig, einmal im Jahr ein Programm für die ganze Familie anzubieten, bei dem die betroffenen Kinder, die Eltern, aber auch ganz besonders die Geschwisterkinder mit eigenen Workshops und Aktionen zum Zuge kommen.
Gaby Steinigeweg: Das Wochenende in der Freckenhorster Landvolkshochschule ist eine gute Gelegenheit, damit sich die bundesweit verstreuten Treffpunkte untereinander austauschen können. Es gibt eine gute Mischung von neu betroffenen Familien und „alten Hasen“, und zugleich nutzen wir das Wochenende für die jährliche Mitgliederversammlung.

Was treibt sie an, sich so viele Jahre für den Elternverein zu engagieren?
Claudia Fischedick: Ich bin damals ins kalte Wasser gesprungen. Ich war mit meiner Tochter manchmal sechs bis acht Wochen hier. Sendenhorst war für uns das zweite Zuhause. Dadurch ist man mit den anderen Familien und dem Team zusammengewachsen.
Gaby Steinigeweg: Ich bin damals über den erweiterten Vorstand in die Aufgabe hineingewachsen. Ich hatte Zeit, und ich habe es für mein eigenes Kind getan. Das gute Miteinander im Team – Vorstand, Familienbüro, Arnold Illhardt und Dr. Ganser – das schweißt zusammen, und es gab immer einen guten Rückhalt vom Haus.

Sein Jubiläum feiert der Elternverein am Sonntag, 23. August 2015,um 11 Uhr mit einem Familienfest im Park des St. Josef-Stifts ein. Zu dem bunten Programm sind ausdrücklich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses eingeladen. Nähere Informationen unter: www.kinderrheuma.com

Quelle: Blickpunkt 2/2015, www.st-josef-stift.de

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